„Jetzt ist die Zeit der Freude“ – so heißt unsere Weihnachtsaktion, mit der wir als evangelische Kirche in diesem Advent sichtbar sein wollen. Oder soll ich sagen: wollten? Als wir es vorbereitet haben im September, sah es ja noch ganz anders aus. Die Hoffnung, in diesem Jahr ein Weihnachten feiern zu können, in dem die Pandemie nicht mehr eine so große Rolle spielt, war groß. Endlich wieder Weihnachtslieder singen. „Macht hoch die Tür“ und „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ aus voller Kehle.

„Jetzt ist die Zeit der Freude“ – wenn wir Plakate und Banner mit dieser Aufschrift jetzt auspacken und aufhängen, ist das Gefühl doch ziemlich anders. Die Infektionszahlen galoppieren, die Intensivstationen werden voller und voller, das Sterben an Covid-19 nimmt wieder zu. Die vierte Welle, die überflüssigste von allen, wie manche sagen, fordert uns, sie fordert vor allem Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, die einmal mehr bis an die Erschöpfung und weit darüber hinaus für die Menschen da sind. Freude wird da kaum aufkommen. Hitzig die Debatten um 2G, Impfen und Boostern. Klar und entschieden auch meine Bitte: Lassen Sie sich impfen, um ihrer Nächsten, um der Kinder, um der Gesellschaft willen. Aus Solidarität und aus Verantwortung. Lassen Sie sich jetzt impfen!

„Jetzt ist die Zeit der Freude“ – natürlich haben wir eine Weile überlegt, ob wir die Materialien für Advent und Weihnachten lieber in den Kisten lassen. Aber es ist doch so: das Licht, das mit Gottes Geburt im Kind, in die Welt kommt, ist größer und tiefer. Und die Freude, die damit einhergeht, war nie eine, die über den Schrecken dieser Welt einfach hinweg geht. Im Gegenteil: Jesus kommt mitten in Armut und Ohnmacht zur Welt. Da, im Dunkeln ist Gott. Verwandelt uns. Macht es hell. Jetzt ist die Zeit, Freude zu stiften. Für den Nächsten da zu sein. Hilfe anzubieten. Aus der Freude, die Gott schenkt mitten im Dunkel. Jetzt ist die Zeit. Wenn Sie also die Plakate mit der Aufschrift sehen, womöglich bei der Kirchengemeinde um die Ecke, stutzen Sie gerne einen Moment. Wie meinen die das? Und dann mag ein Lächeln über Ihr Gesicht huschen. Jetzt ist die Zeit. Gott kommt ins Dunkel. Zeit also, Freude zu geben und einfach da zu sein.
Gesegnete Adventstage!

Jetzt ist die Zeit der Freude
BZ-Kolumne von Bischof Dr. Christian Stäblein